IPSY (Information + Psychosoziale Kompetenz = Schutz) *

Suchtprävention an Schulen für 10 – 13 – Jährige

*Dieses Programm entspricht den Qualitätskriterien der „Grüne Liste Prävention“.

Verantwortliche / Anbieter

PD Dr. Karina Weichold
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Psychologie
Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie
Am Steiger 3 / Haus I
07743 Jena
Tel.: 03641 945200
Fax: 03641 945202
E-Mail: karina.weichold@uni-jena.de
www.ipsy.uni-jena.de 

Zielsetzung

Verhinderung bzw. Verminderung von Substanzkonsum (-missbrauch), Hinauszögern des Konsumbeginns, Förderung eines verantwortungsvollen Umgangs mit legalen Substanzen wie Alkohol und Zigaretten, Förderung von Schulbindung und Klassenklima, sowie Training allgemeiner und substanzspezifischer Lebenskompetenzen.

Zielgruppe

Schüler*innen der 5., 6. und 7. Klassen.

Inhalte und Methodik

IPSY ist ein schulbasiertes suchtpräventives Lebenskompetenzprogramm gegen den Missbrauch von Substanzen wie Alkohol und Zigaretten. IPSY setzt primärpräventiv vor dem ersten Konsum von Alkohol und Zigaretten an, um Substanzkonsum und eventuell entstehenden Konsummustern vorzubeugen. Themen des Basisprogramms für die 5. Klassen sind:

  • Ich (Gefühle und Selbstbild),
  • Problemlösen (Umgang mit Angst/Stress und Problemen / Bedürfnissen),
  • Ich und Andere (Kommunikation, Selbstsicherheit, Nein-Sagen, Widerstandsfähigkeit),
  • Information (Prävalenz, kurzfristige Konsequenzen des Konsums von Nikotin und Alkohol, Werbung und Medien),
  • Schule und ich (Schulbindung, optimale Lernumwelt),
  • Freizeit (effektive Nutzung von freier Zeit, funktionale Alternativen).

Schwerpunkte der beiden Aufbautrainings in den Klassenstufen 6 und 7 sind die Vertiefung und Anwendung der im Basisprogramm erlernten Lebenskompetenzen sowie die Vermittlung substanzspezifischer Kompetenzen und das aktive Training von Widerstandsfähigkeiten (Nein-Sagen).

IPSY basiert auf dem Lebenskompetenzansatz der Weltgesundheitsorganisation (WHO), d.h. durch das Training allgemeiner und substanzspezifischer Lebenskompetenzen in der Verbindung mit der Vermittlung von Wissen, Werten und Einstellungen sowie Stärkung positiver Verhaltenweisen sollen die Schülerinnen und Schüler Fähigkeiten und Fähigkeiten erleben, die es ihnen ermöglichen, mit den Anforderungen der Jugendphase angemessen umzugehen und dem Konsum von Alkohol und Zigaretten zu widerstehen. IPSY besteht aus einem Basisprogramm für die 5. Klasse und je einem Aufbautraining für die 6. und 7. Klasse. Es werden interaktive Lehrmethoden wie Rollenspiele und Gruppendiskussionen verwendet.

Eine IPSY-Einheit ist folgendermaßen aufgebaut:
1. Einleitung/Warm up,
2. Selbständige Themenbearbeitung,
3. Diskussion,
4. Aktives Anwenden in Rollenspielen,
5. Abschlussreflexion,
6. Entspannungs- oder Bewegungsübungen.
Die Durchführung erfolgt durch vorab geschulte Lehrkräfte.

Rahmenbedingungen

Das Basisprogramm für 5. Klassen besteht aus 15 Einheiten (10 x 90min / 5 x 45 min), die Aufbautrainings in den Klassen 6 und 7 bestehen aus jeweils 7 Einheiten.
Die Kursleitung ist durch ein detailliertes Manual vorgegeben, eine Teilnahme am Vermittlerworkshop an der Uni Jena basierend auf dem Manual zur Vermittlung von IPSY wird zusätzlich dazu empfohlen.

Schulungsangebot für Multiplikator*innen in Schulen

Bislang erfolgte das Kursangebot bzw. die Manualverbreitung über die Projektleiterin (siehe Adresse oben). Das Manual ist ab Dezember 2013 beim Hogrefe-Verlag erhältlich.

Evaluation

IPSY wird seit 2003 kontinuierlich in ganz Thüringen evaluiert. 23 Schulen gehören der Interventionsgruppe und 21 Schulen der Kontrollgruppe an (insgesamt: 21 Gymnasien und 23 Regelschulen). Schüler*innen beider Gruppen beantworteten einen Fragebogen in der 5.Klassenstufe sowie nach den Aufbautrainings in den Klassen 6 und 7.
Effekte auf das Rauchen:

  • Der alterstypische Anstieg der Konsumhäufigkeit ist bei IPSY-Schüler*innen geringer als bei der Kontrollgruppe.
  • Die Interventionsgruppe zeigte über den Erhebungszeitraum hinweg eine steigende Distanz zum Rauchen. Im Gegensatz zur Kontrollgruppe ist es für sie nicht wahrscheinlich, zukünftig häufiger zu rauchen.

Effekte auf den Alkoholkonsum:

  • Der alterstypische Anstieg des Konsums von alkoholischen Getränken ist in der Interventionsgruppe geringer als in der Kontrollgruppe.
  • IPSY-Schüler*innen haben eine höhere Distanz zum Alkohol.

Effekte auf Lebenskompetenzen, Wissen und Schulbindung:

  • Das Wissen über selbstsicheres Verhalten steigt bei den Schüler*innen der Interventionsgruppe kontinuierlich an.
  • Widerstandsfähigkeiten wurden gefördert.
  • Die Bindung an die Schule wird durch IPSY positiv beeinflusst.

Eine Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse erfolgte 2009 im Hogrefe-Verlag. International wurde IPSY durch eine Kooperation mit der Universität Turin (seit 2004) erprobt. Auch hier zeigten sich die positiven Ergebnisse der deutschen Evaluation in den Bereichen Akzeptanz und Qualität der Implementation, Widerstandsfähigkeit, Schulbindung, Einstellung zum Alkoholkonsum und Abnahme der Konsummenge.

Erfolgskriterien:

  • Motivation,
  • Wille für Veränderungen in der Schule,
  • Interesse an einer langfristigen und breit angelegten Förderung von Kindern und Jugendlichen.

Stolpersteine:

  • Programmvermittlung durch nicht ausgebildete Lehrkräfte.

Erfahrungsberichte, Verbreitung

IPSY wird seit 2003 vorwiegend in Thüringen, teilweise aber auch in anderen deutschen Bundesländern sowie in Italien (Turin) und Österreich (2004-2005 in 11 Förderschulen) erprobt. Im Ausland wird IPSY ebenso erfolgreich durchgeführt wie in den evaluierten Gymnasien und Regelschulen in Deutschland (s. „Evaluation“). Die Wirksamkeit in bezug auf die Reduzierung des Alkohol- und Tabakkonsum war allerdings unterschiedlich für Schüler*innen mit verschiedenen Vorerfahrungen. Für die zukünftige Durchführung in Förderschulen wird ein zielgruppenspezifischeres Vorgehen empfohlen.

Kosten, Unterstützungs- und Finanzierungshinweise

Kosten für Manual (Publikation beim Hogrefe-Verlag) belaufen sich auf ca. 40,00 Euro. Weitere Kosten entstehen durch die Reise zur Vermittlerschulung in Jena.

Bezüge zum Orientierungsrahmen Schulqualität in Niedersachsen

Das Programm „IPSY“ unterstützt grundsätzlich Ergebnisse und Wirkungen der Unterrichts- und Erziehungsarbeit und ist damit förderlich für die Erfüllung des Bildungsauftrages nach dem Niedersächsischen Schulgesetz. Es kann dazu beitragen, Schulqualität zu verbessern, insbesondere in den prozessrelevanten Qualitätsbereichen 4 und 5.

QB 4: Ziele und Strategien der Schulentwicklung
QM 4.1: Schulprogramm (Leitbild)
QM 4.3: Berufliche Kompetenzen Fort- und Weiterbildung)
QB 5: Bildungsangebote und Anforderungen
QM 5.2: Schuleigenes Curriculum (Unterrichtsergänzende Angebote)

Erläuterungen:

  • Bei Berücksichtigung im Leitbild kann es eine zu dokumentierende Maßnahme des Schulprogramms darstellen.
  • Lehrerfortbildungen sind vorgesehen.
  • Es besteht die Möglichkeit, es als -Bildungsangebot- in das schuleigene Curriculum zu integrieren und das Themenfeld Suchtprävention als gesundheitsfördernde Entwicklungschance zu nutzen.

Literatur / Quellen / Praxismaterialien

  • www.ipsy.uni-jena.de (Zugriff: 19.12.2023)
  • Silbereisen, R.K./ Weichold, K. (in Vorbereitung): Suchtprävention in der Schule: Ipsy- ein Lebenskompetenzprogramm für die Klassenstufen 5-7. Hogrefe. Göttingen.
  • Weichold, K. (2009): Epidemiologie des Substanzkonsums im Jugendalter. In: R. Thomasius/ M. Schulte-Markwort/ U. J. Küstner & P. Riedesser (Hrsg.): Handbuch der Suchtstörungen im Kindes- und Jugendalter (S. 21-33). Stuttgart:Schattauer .
  • Weichold, K./ Bühler, A./ Silbereisen, R. K. (2008): Konsum von Alkohol und illegalen Drogen im Jugendalter. In: Hasselhorn, M./ Silbereisen. R. K. (Eds.): Enzyklopädie Psychologie, Serie V (Entwicklung), Band 5: Entwicklungspsychologie des Jugendalters (S. 537-586). Göttingen: Hogrefe.
  • Weichold, K. (2008): Alkoholprävention durch Lebenskompetenzenprogramme. In: Tossmann, P./ Weber, N.H. (Hrsg.): Alkoholprävention in Erziehung und Unterricht (S. 102-114), 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Herbholzheim: Centaurus-Verlag.
  • Weichold, K. & Silbereisen, R. K. (2007): Positive Jugendentwicklung und Prävention (Positive youth development and prevention). In: B. Röhrle (Ed.): Prävention und Gesundheitsförderung für Kinder und Jugendliche (S. 103-126). Tübingen: DGTV-Verlag.
  • Silbereisen, R. K./ Weichold, K. (2007): Entwicklungspsychologische Aspekte von Drogenkonsum. In: Hasselhorn, M./ Schneider, W. (Hrsg.): Handbuch der Psychologie. Band Entwicklungspsychologie (S. 581 – 590). Göttingen: Hogrefe.
  • Silbereisen, R. K./ Weichold, K: (2007): Beziehungen des Substanzgebrauchs und -missbrauchs zwischen Eltern und Jugendlichen. In: Mann,K./ Havemann-Reinecke, U./ Gassmann, R. (Hrsg.): Jugendliche und Substanzmittelkonsum. Trends-Grundlagen-Maßnahmen (S. 139-168). Freiburg: Lambertus-Verlag.
  • Wenzel, V./ Weichold, K./ Silbereisen, R. K. (2007): Schultypspezifische Wirksamkeit eines Lebenskompetenzprogramms, Sucht, 53(6), 335-346.
  • Weichold, K. (2004): Themenreader – Einführung in ein Lebenskompetenzentraining zur Förderung positiver Entwicklung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Zusammenfassung der Arbeitsergebnisse der programminternen Fortbildungen von Dezember 2003 und Juni 2004, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Lehrstuhl für Entwicklungspsychologie, Jena.