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Gesundheitsförderung (GF)

Gesundheitsförderung (GF) zielt darauf ab, personale, soziale und materielle Ressourcen für die Gesundheitserhaltung zu stärken (salutogenetische Perspektive) (RKI, 2015, S. 241). Das Konzept der GF taucht häufig im Zusammenhang mit (Krankheits-)Prävention auf. Beide Konzepte sind voneinander abgrenzbar, ergänzen sich jedoch. GF orientiert sich an der Erhaltung bzw. Stärkung von Gesundheit durch Verbesserung von Voraussetzungen für Gesundheit nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch im sozialen Umfeld und in Lebenswelten.

Gesundheitsförderung ist (in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, 1986) definiert als Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie dadurch zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Diese Definition ist in der Jakarta-Erklärung zur Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert (1997) weiterentwickelt worden: Gesundheitsförderung ist ein Prozess, der Menschen befähigen soll, mehr Kontrolle über ihre Gesundheit zu erlangen und sie zu verbessern durch Beeinflussung von Gesundheitsdeterminanten (vgl. Kaba-Schönstein, 2018).

Als Handlungsstrategien der GF gelten:

  1. Anwaltschaft für Gesundheit/ Advocacy: meint das aktive Eintreten für Gesundheit im Sinne der Beeinflussung politischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und biologischer Faktoren sowie von Umwelt- und Verhaltensfaktoren.
  2. Befähigen und ermöglichen/ Enable: spricht v.a. Konzepte wie Kompetenzförderung und Empowerment an mit dem Ziel, bestehende Unterschiede des Gesundheitszustands zu verringern und selbstständig das größtmögliche Gesundheitspotenzial zu verwirklichen.
  3. Vermitteln und Vernetzen/ Mediate: meint die aktive und dauerhafte Kooperation mit allen Akteur*innen innerhalb und außerhalb des Gesundheitssektors (WHO, 1986).

Zudem werden 5 Handlungsebenen/-bereiche definiert:

  1. Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik,
  2. Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten,
  3. Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen,
  4. Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Fähigkeiten,
  5. Neuorientierung von Gesundheitsdiensten (WHO, 1986).

GF ist in der Ottawa-Charta eng mit dem Gedanken von Empowerment, Autonomie und gemeinschaftlichem Handeln verbunden mit dem Ziel, die Voraussetzungen und Bedingungen für Gesundheit zu verbessern. Medizinisches Denken und Individualprävention durch Gesundheitserziehung sind von diesem Verständnis weit entfernt.

Gesundheitsförderungsergebnisse

Unter Gesundheitsförderungsergebnissen werden „Veränderungen persönlicher Charakteristika und Kompetenzen, und/oder sozialer Normen und Handlungen, und/oder von Praktiken und Politiken von Organisationen“ auf Grund von Gesundheitsförderungsaktivitäten verstanden. Sie stellen „die am schnellsten eintretenden Ergebnisse gesundheitsfördernder Aktivitäten“ dar und sind in der Regel auf Veränderungen von „modifizierbaren Determinanten von Gesundheit ausgerichtet“ (WHO, 1998a, S. 14).

Gesundheitsindikatoren

„Mithilfe von Gesundheitsindikatoren lassen sich Erkenntnisse über und für die Gesundheit der Gesamtbevölkerung und bestimmter Teilgruppen gewinnen. Als wesentliche Anhaltspunkte werden demographische Entwicklungen, Gesundheitsstatus, Verhalten, Umfeld, Versorgung und verfügbare Ressourcen herangezogen. Ein geeigneter Indikator muss sowohl wissenschaftlichen Kriterien wie Validität, Reliabilität, Sensitivität und Spezifität als auch ethischen Kriterien genügen. Einheitliche Indikatoren, z. B. für unterschiedliche Regionen oder Zeiträume, erlauben eine vergleichende und sich entwickelnde Analyse. Damit bilden Gesundheitsindikatoren die Basis der  Gesundheitsberichterstattung“ (Walter et al., 2020).

Gesundheitsinterventionen (GI)

Gesundheitsinterventionen (GI) lassen sich allgemein bestimmen als gezielte, gesundheitswissenschaftlich begründete Maßnahmen mit Bezug auf:

  • Lebensweisen/Kompetenzausstattung/Arbeitsweisen von Personen/Gruppen,
  • Arbeitsabläufe/Strukturen in Organisationen/Einrichtungen,
  • Lebensbedingungen/Gesundheitsversorgung von Menschen.

Prinzipiell können zwei zentrale „Interventionsformen“ nach ihrer „Eingriffslogik“ [Hurrelmann, Klotz, Haisch, 2007, S. 12] unterschieden werden:

  • Entwicklung von Gesundheit/ Wohlbefinden und entsprechend förderlichen Lebensstilen, Gesundheitsressourcen und Lebenswelten auf der Basis eines ganzheitlichen Gesundheitsverständnisses (Logik der Gesundheitsförderung),
  •  Vermeidung der Entstehung von Erkrankungen, Verschlechterungen bereits bestehender Erkrankungen, Ausbildung von Folgeerkrankungen auf der Basis eines Risikofaktorenansatzes (Logik der Prävention).

Dabei kommen unterschiedlichste Arten und Weisen der Einflussnahme zum Einsatz. Sie reichen von:

  • Einzelmaßnahmen zu Maßnahmenbündeln bis zu komplexen, ganzheitlich vorgehenden Programmen, die von:
  • einzelnen Personen, Gruppen, Einrichtungen, Organisationen, Netzwerken, Initiativen, Allianzen unter Anwendung von Erkenntnissen, Strategien, Methoden etc. z.B. aus der:
  • Sozialmedizin, Epidemiologie, Pädagogik, Psychologie, Soziologie, Sozialen Arbeit, Ökologie, Ökonomie, Prävention und Gesundheitsförderung in:

einmaligen bis sporadischen Aktionen/Kampagnen, temporären Projekten/Modellversuchen oder auch in mittel- bis langfristig angelegten Vorhaben und organisatorischen Strukturen fachgerecht umgesetzt werden (Witteriede, 2010).

Gesundheitsinterventionen und Steigerung von Ergebnisqualität

„Der Gesundheitszustand von Menschen bzw. ihr Empfinden von Wohlsein kann sich positiv auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken. Demzufolge können Gesundheitsinterventionen gezielt eingesetzt werden, um die Produktivität und Ergebnisqualität von Arbeitsprozessen zu sichern bzw. zu steigern. Werden sie in diesem Sinn in erster Linie von den spezifischen Interessen einer Organisation/Einrichtung ausgehend gedacht/konzipiert, so wandelt sich ihr Leitziel in das eigentliche Primärziel dieser Einrichtung/Organisation. Die Interventionen dienen in diesem Fall grundlegend den jeweiligen Einrichtungs-/Organisationszielen, aber auch der Realisierung definierter Gesundheitsziele im Umsetzungsverlauf. Auf Schulen bezogen steht in dieser Perspektive eine Beitragsleistung zur Entwicklung von Bildungs-, Erziehungs- und Schulqualität im Vordergrund“ (Witteriede, 2010).

Gesundheitskommunikation

Ziel von Gesundheitskommunikation ist „die Verbesserung des Gesundheitsstatus von Individuen und Bevölkerungen“. Sie „umfasst mehrere Bereiche wie Bildungsunterhaltung oder unterhaltende Bildung, Gesundheitsjournalismus, zwischenmenschliche Kommunikation, Interessenvertretung über Medien, Organisationskommunikation, Risikokommunikation, soziale Kommunikation sowie Sozial-Marketing. Sie kann viele Formen annehmen, von Massen- und Multimedia-Kommunikation bis hin zu traditionellen und kulturspezifischen Kommunikationsformen wie z. B. Geschichten erzählen, Puppentheater und Lieder. Sie kann die Form von speziellen Gesundheitsbotschaften haben oder in existierende Unterhaltungs- oder Kommunikationsmedien wie z. B. Seifenopern integriert sein“ (WHO, 1998a, S. 15).

Indem sie alle verfügbaren Massen- und Multimedien sowie andere technologische Innovationen wie zum Beispiel das Internet zur gezielten Verbreitung gesundheitsbezogener Informationen in der Öffentlichkeit nutzt, wird sie zu einer „Schlüsselstrategie, um die Öffentlichkeit über Gesundheitsfragen zu informieren und wichtige gesundheitsbezogene Themen in der öffentlichen Diskussion zu halten“ (WHO, 1998a, S. 15).

Gesundheitskompetenz/ Health Literacy

Der Begriff Gesundheitskompetenz – auch als Health Literacy bezeichnet – meint einen angemessenen Umgang mit sowie die Fähigkeit der Beschaffung von gesundheitsbezogenen Informationen. Gesundheitskompetenz „[…] umfasst das Wissen, die Motivation und die Kompetenzen von Menschen, relevante Gesundheitsinformationen in unterschiedlicher Form zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden, um im Alltag […] Urteile fällen und Entscheidungen treffen zu können, die die Lebensqualität während des gesamten Lebensverlaufs erhalten oder verbessern“.  (Deutsche Übersetzung von Röthlin et al. 2013, S.15 der englischen Originaldefinition von Sørensen et al., 2012). Der Definition von Sørensen et al. (2012) zufolge, findet Gesundheitskompetenz Anwendung in den Bereichen der Krankheitsbewältigung, der Gesundheitsförderung sowie der Prävention.

Zudem gilt Gesundheitskompetenz als eine Schlüsselkompetenz zur Förderung sowie zur Erhaltung der Gesundheit im 21. Jahrhundert und ist entscheidend für eine gute körperliche und psychische Gesundheit (vgl. The Lancet, 2022).

Menschen mit niedriger Gesundheitskompetenz, zeigen einen schlechteren subjektiven Gesundheitszustand, schlechtere Ernährungs- sowie Bewegungsgewohnheiten und nehmen häufiger Dienstleistungen des Gesundheitssystems in Anspruch (ex. Hurrelmann et al., 2020; Schaeffer et al., 2021). Dies führt zu einer allgemeinen höheren Morbidität sowie zu vorzeitigen Sterbefällen (vgl. Kickbusch et al., 2016).

Gesundheitsmanagement in der Kindertageseinrichtung (KiTa)

„Konkret auf die Kita-Praxis übertragen, bedeutet [Betriebliches Gesundheitsmanagement] BGM vor allem, dass zunächst der Träger in der Pflicht ist, gesundheitsfördernde Maßnahmen in der und für die Einrichtung zu initiieren. Die Möglichkeiten hierfür sind hier aber wiederum vielfältig:

  • die Einrichtung mit umfassenden Lärmschutz auszustatten oder gegebenenfalls nachzurüsten
  • rückenschonendes Mobiliar, wie z. B. Wickeltische mit Aufstieg, ergonomische Stühle, sogenannte Erzieherstühle für alle im Betrieb arbeitenden Personen anzuschaffen
  • Wasserspender oder große Trinkgefäße bzw. –behälter bereitzustellen, die es dem Personal ermöglichen, jederzeit genügend Flüssigkeit zu sich zu nehmen
  • Fortbildungen zu Gesundheitsförderung wie z. B. Rückenschule, Yoga, Gesundheitsprogramme in Kooperation mit einer Krankenkasse anzubieten bzw. zu finanzieren
  • Supervision (in besonderen Krisenfällen auch Mediation) zu gewährleisten
  • ausreichend Vorbereitungszeit für Teamfortbildungen, zusätzliche Zeit oder Referent*innen zur Unterstützung und/oder Durchführung eines guten Qualitätsmanagements sicherzustellen“ (Prüver, 2020, S. 10f).

„Ein erfolgreiches BGM in Kindertageseinrichtungen zeichnet sich durch seine Komplexität und vor allem Mehrdimensionalität aus. BGM findet auf mehreren Ebenen statt und muss durch den Träger gewollt, gefördert und überwiegend auch finanziert werden. Die Basis von BGM liegt in jedem Fall in seiner Ganzheitlichkeit, aber auch in der Berücksichtigung von Partizipation, Integration und gegebenenfalls auch Inklusion. Ein erfolgreiches BGM verfolgt verschiedenen Ziele. Zunächst einmal soll die Festlegung verschiedener Prinzipien und Regeln innerhalb eines Betrieblichen Gesundheitsmanagements-Prozesses dem gesamten Personal Orientierung und Sicherheit geben, die eigene Gesundheit, trotz zum Teil ungünstiger Rahmenbedingungen, zu erhalten und zu fördern. Hauptziel hierbei ist immer ein ganzheitliches Wohlbefinden auch im beruflichen Umfeld zu erlangen und nachhaltig sicherzustellen. Hierfür müssen von Trägerseite, aber auch durch die Einrichtungsleitungen Arbeitsbedingungen und Arbeitsstrukturen geschaffen werden, die es allem Teammitgliedern ermöglichen, das tägliche Arbeitspensum gut und vor allem auf lange Sicht gesund bleibend bewältigen zu können“ (Prüver, 2020, S.11f).

Siehe auch ‚Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)‘.

Gesundheitsmanagement in der Schule

Gesundheitsmanagement in der Schule beschreibt die „systematische und nachhaltige Entwicklung schulischer Rahmenbedingungen, Strukturen und Prozesse, die auf die gesundheitsangemessene bzw. -gerechte Gestaltung von Lehren, Lernen und Organisation, sowie auf die Befähigung zum gesundheitsförderlichen Verhalten aller in der Schule involvierten Personengruppen abhebt“ (Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V., 2022, S.36).

Folgende Erfolgsfaktoren werden beschrieben:

  • „Ganzheitlichkeit: Gesundheitsmanagement berücksichtigt Arbeits- und Lernbedingungen, individuelle Verhaltensweisen und die Verhältnisse der Organisation. Die individuellen Gesundheitspotentiale werden weiterentwickelt, Belastungen reduziert.
  • Partizipation: Gesundheitsmanagement erfordert die Beteiligung und Mitarbeit aller Gruppen in der Organisation. Eine erfolgreiche Beteiligung setzt Transparenz voraus.
  • Integration: Gesundheit ist ein Organisationsziel, das bei allen Entscheidungen mitbedacht wird, in alle internen Programme und Konzepte eingebunden wird und Aufnahme in das Leitbild und den Alltag der Organisation findet. Es findet Aufnahme in Konzeption und Leitbild der Institution.
  • Projektmanagement: Gesundheitsmanagement gleicht einem Lernzyklus, bei dem es darauf ankommt, zielgerichtet, geplant und systematisch vorzugehen. Die vier Prinzipien für erfolgreiches Gesundheitsmanagement werden ergänzt durch die Forderung nach einer geschlechtersensiblen Betrachtung der Maßnahmen (Gender Mainstreaming).
  • Gender Mainstreaming: Geschlechterdifferenzen werden identifiziert und berücksichtigt, z. B. spezifische Belastungen der Mädchen und Jungen, der Lehrerinnen und Lehrer oder der Väter und Mütter“ (Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen e.V., 2022, S. 13).

Siehe auch ‚Betriebliches Gesundheitsmanagement‘.