Das Gesundheits-Krankheitskontinuum stellt eines der vier Kernkomponenten des Modells der Salutogenese nach Antonovsky dar.
Gesundheit wird dabei nicht als Gegenteil von Krankheit verstanden, sondern als Zustand, der sich zwischen den beiden Polen „Gesundheit“ und „Krankheit“ bewegt. Gesundheit wird dabei zu einem dynamischen Zustand, der stets verbessert werden kann. Diese Sichtweise erleichtert die Wahrnehmung der gesunden Anteile eines Menschen, selbst bei schwerer Krankheit und in der Sterbephase. Nur so haben Menschen mit nichtheilbaren und/oder chronischen Erkrankungen die Möglichkeit, dass ihre Gesundheit auch in eine positive Richtung zu bewegen ist (vgl. Faltermaier, 2020; Klemperer, 2020).
Die professionelle Gesundheitsberatung unterstützt Menschen bei Gesundheitsthemen und -problemen. Mittels wissenschaftlich fundierter und primär psychologischer und sozialer Methoden werden Veränderungsprozesse auf personaler Ebene angeregt und unterstützt, mit dem Ziel, die Gesundheit zu fördern, Krankheiten zu verhindern und bei der Krankheitsbewältigung zu helfen (Krane & Linden, 2020).
Auf personaler Ebene findet die Gesundheitsberatung derzeit in vier Feldern statt:
- durch Fachleute verschiedener Professionen,
- in Krankenhäusern, Gesundheitsämtern, Rehabilitationseinrichtungen oder Betrieben,
- durch Verbraucherinformation und Patientenberatung sowie
- im Internet.
Von der personalen Gesundheitsberatung unterschieden wird die gesundheitsbezogene Institutions- und Politikberatung, die z. B. im betrieblichen Gesundheitsmanagement eine Rolle spielt (ebd.).
„Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes (GBE) beschreibt den Gesundheitszustand der Bevölkerung, die medizinische sowie pflegerische Versorgung und die damit verbundenen Kosten in Deutschland. Grundlage sind Daten des vom Robert Koch-Instituts (RKI) durchgeführten Gesundheitsmonitorings sowie andere epidemiologische Studien, amtliche Statistiken, epidemiologische Register sowie Routinedaten der Sozialversicherungsträger. Anhand ausgewählter Themen wird das gesamte Spektrum von den Rahmenbedingungen und der gesundheitlichen Lage über Gesundheitsverhalten und Gesundheitsgefährdungen, einzelnen wichtigen Krankheiten, Leistungen und Inanspruchnahme bis hin zu Kosten und Finanzierung des Gesundheitswesens in einer auch für Laien verständlichen Form dargestellt und die entsprechende Datenbasis zugänglich gemacht. Das Gesundheitsmonitoring am RKI ermöglicht mit seinen wiederkehrenden Erhebungen eine umfassende und kontinuierliche Beobachtung der gesundheitlichen Lage in Deutschland. Ziel der Erhebungen ist insbesondere die Gewinnung repräsentativer Daten zum Gesundheitszustand, zum Gesundheitsverhalten und zu gesundheitlichen Risiken über alle Altersgruppen hinweg“ (BMG, 2022a).
Der Begriff Gesundheitsbildung (GB) beschreibt Lernprozesse, mit denen Menschen befähigt werden, gezielt Einfluss auf die Faktoren zu nehmen, die ihre Gesundheit bestimmen. Durch organisierte Bildungsprozesse werden Wissen und Fertigkeiten vermittelt, soziale Faktoren beleuchtet und Umweltbezüge hergestellt. Vermittelt werden gesundheitsbezogene Kompetenzen, die es ermöglichen, selbst zu entscheiden, ob, wann und wie das Alltagshandeln am Erhalt der Gesundheit ausgerichtet werden soll bzw. kann (Kracke & Sommer, 2022).
In Abgrenzung zur Gesundheitserziehung betont der Begriff der Gesundheitsbildung die Selbstbestimmung von informiert entscheidenden und handelnden Subjekten, die unter spezifischen Bedingungen leben und diese mitgestalten. Gesundheitsbildung ist auf Handeln als soziales Handeln gerichtet, nicht nur auf die Veränderung von Verhalten. Gesundheitsbildung impliziert einen Prozess der Befähigung und der zunehmenden Entscheidungs- und Handlungsmacht, beschreibt aber anders als der Begriff Empowerment/Befähigung weniger informelle, sondern eher formelle Lernprozesse (ebd.).
Ein Gesundheitsergebnis meint eine „Veränderung des Gesundheitszustandes eines Individuums, einer Gruppe oder einer Bevölkerung, die auf eine geplante Intervention oder Serie von Interventionen zurückzuführen ist, unabhängig davon, ob mit einer derartigen Intervention die Veränderung des Gesundheitszustandes beabsichtigt war.“ Mit dieser Definition wird das Ergebnis von geplanten Interventionen betont „sowie die Tatsache, dass Ergebnisse sich auf Individuen, Gruppen oder ganze Bevölkerungen beziehen können. Interventionen können staatliche Politiken und daraus resultierende Programme, Gesetze und Regulationen, oder Gesundheitsdienstleistungen und -programme einschließlich Gesundheitsförderungsprogramme umfassen. Sie können zudem beabsichtigte oder unbeabsichtigte Gesundheitsergebnisse staatlicher Politiken in anderen Sektoren als dem Gesundheitssektor umfassen. Gesundheitsergebnisse werden üblicherweise unter Anwendung von Gesundheitsindikatoren bewertet“ (WHO, 1998a, S. 11).
Analog zur Differenzierung von *Erziehung und *Bildung wird in Deutschland zwischen Gesundheitserziehung/*Gesundheitsbildung (international ‚health education‘) unterschieden. So ist für Gesundheitserziehung ebenfalls das Moment der bewussten Einwirkung auf Menschen zur zielgerichteten Beeinflussung ihres Verhaltens durch professionelle Fachkräfte wesentlich. Als zentrale Zielsetzungen können allgemein genannt werden:
- Die Schließung gesundheitsrelevanter Wissenslücken zur Ermöglichung angestrebter Verhaltensmodifikationen und effektiver Inanspruchnahmen von Unterstützungssystemen,
- die themenspezifische Anhebung von Wissen und Fähigkeiten zur Auflösung gesundheitsschädlicher Verhaltensweisen (Fehlernährung, Haltungsfehler, Alkoholmissbrauch etc.),
- die verhältnisbezogene Anhebung von Wissen und Fähigkeiten zur Ermöglichung der aktiven Einflussnahme auf gesundheitsschädigende Rahmenbedingungen,
- die Anhebung von Verantwortungsbewusstsein für die eigene und die ökologische Gesundheit sowie von Vertrauen in das eigene Vermögen, hier wirksam Einfluss nehmen zu können, als Grundlage für Gesundheitsverbesserungen.
GE kann entsprechend umfassen [vgl. Groene, 2006; WHO, 1998]: die Information über soziale, ökonomische, ökologische Gesundheitsdeterminanten sowie über allgemeine und individuelle Risikofaktoren/-verhaltensweisen und Möglichkeiten der Nutzung des Gesundheitssystems; die Information über politische und organisatorische Möglichkeiten zur Beeinflussung von sozialen, ökologischen und ökonomischen Gesundheitsdeterminanten sowie die Entwicklung entsprechender Kompetenzen; die Entwicklung von Änderungsmotivation, Kompetenzen (*Lebenskompetenzen / life skills) und Vertrauen in die individuelle Selbstwirksamkeit.
Gesundheitsförderung (GF) zielt darauf ab, personale, soziale und materielle Ressourcen für die Gesundheitserhaltung zu stärken (salutogenetische Perspektive) (RKI, 2015, S. 241). Das Konzept der GF taucht häufig im Zusammenhang mit (Krankheits-)Prävention auf. Beide Konzepte sind voneinander abgrenzbar, ergänzen sich jedoch. GF orientiert sich an der Erhaltung bzw. Stärkung von Gesundheit durch Verbesserung von Voraussetzungen für Gesundheit nicht nur im persönlichen Bereich, sondern auch im sozialen Umfeld und in Lebenswelten.
Gesundheitsförderung ist (in der Ottawa-Charta zur Gesundheitsförderung, 1986) definiert als Prozess, allen Menschen ein höheres Maß an Selbstbestimmung über ihre Gesundheit zu ermöglichen und sie dadurch zur Stärkung ihrer Gesundheit zu befähigen. Diese Definition ist in der Jakarta-Erklärung zur Gesundheitsförderung für das 21. Jahrhundert (1997) weiterentwickelt worden: Gesundheitsförderung ist ein Prozess, der Menschen befähigen soll, mehr Kontrolle über ihre Gesundheit zu erlangen und sie zu verbessern durch Beeinflussung von Gesundheitsdeterminanten (vgl. Kaba-Schönstein, 2018).
Als Handlungsstrategien der GF gelten:
- Anwaltschaft für Gesundheit/ Advocacy: meint das aktive Eintreten für Gesundheit im Sinne der Beeinflussung politischer, ökonomischer, sozialer, kultureller und biologischer Faktoren sowie von Umwelt- und Verhaltensfaktoren.
- Befähigen und ermöglichen/ Enable: spricht v.a. Konzepte wie Kompetenzförderung und Empowerment an mit dem Ziel, bestehende Unterschiede des Gesundheitszustands zu verringern und selbstständig das größtmögliche Gesundheitspotenzial zu verwirklichen.
- Vermitteln und Vernetzen/ Mediate: meint die aktive und dauerhafte Kooperation mit allen Akteur*innen innerhalb und außerhalb des Gesundheitssektors (WHO, 1986).
Zudem werden 5 Handlungsebenen/-bereiche definiert:
- Entwicklung einer gesundheitsfördernden Gesamtpolitik,
- Schaffung gesundheitsfördernder Lebenswelten,
- Unterstützung gesundheitsbezogener Gemeinschaftsaktionen,
- Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Fähigkeiten,
- Neuorientierung von Gesundheitsdiensten (WHO, 1986).
GF ist in der Ottawa-Charta eng mit dem Gedanken von Empowerment, Autonomie und gemeinschaftlichem Handeln verbunden mit dem Ziel, die Voraussetzungen und Bedingungen für Gesundheit zu verbessern. Medizinisches Denken und Individualprävention durch Gesundheitserziehung sind von diesem Verständnis weit entfernt.
Unter Gesundheitsförderungsergebnissen werden „Veränderungen persönlicher Charakteristika und Kompetenzen, und/oder sozialer Normen und Handlungen, und/oder von Praktiken und Politiken von Organisationen“ auf Grund von Gesundheitsförderungsaktivitäten verstanden. Sie stellen „die am schnellsten eintretenden Ergebnisse gesundheitsfördernder Aktivitäten“ dar und sind in der Regel auf Veränderungen von „modifizierbaren Determinanten von Gesundheit ausgerichtet“ (WHO, 1998a, S. 14).